Klimawandel und Biodiversität

Klimafolgen und Anpassung im Bereich Biodiversität

Bedeutende Auswirkungen des Klimawandels auf den Bereich Biodiversität und Naturschutz sind die bereits zu beobachtenden und weiter zu erwartenden Verschiebungen von Artenarealen nach Norden und in höhere Lagen sowie Veränderungen in der Phänologie von Pflanzen und dem Verhalten von Tieren.
Die Verschiebung der Artenareale führt zu einer Wanderungsbewegung von Arten mit einer entsprechenden Migrationsfähigkeit (bei Tieren durch Wanderung, bei Pflanzen u.a. durch Samentransport). Arten mit einer artenspezifisch eingeschränkten Migrationsfähigkeit sowie Arten, die durch geographische Hindernisse (Gebirge, Gewässer) oder fehlende Vernetzung von Biotopen in ihrer Migration beschränkt sind, sind langfristig vom Aussterben bedroht. Besonders betroffen sind seltene Arten (Rote-Liste Arten), Arten mit einem engen ökologischen Toleranzbereich sowie kälte- und feuchtigkeitsliebende Arten. Schätzungen sprechen von 5 bis 30% der Pflanzen- und Tierarten in Deutschland, die durch den Klimawandel aussterben könnten - vor allem Süd- und Ostdeutschland werden davon betroffen sein. Bäume reagieren schwach. So wird für Norddeutschland mit einer Zunahme der Artenvielfalt gerechnet, im Osten und Westen mit einem Rückgang. Auch bei Amphibien und Reptilien rechnen die Modelle mit einen Anstieg der Artenvielfalt bis 2050 um ca. 10%, danach mit einem Rückgang auf Ausgangsniveau. Bei Vögeln wird sich kaum eine Änderung zeigen. Lediglich Rast- und Brutplätze werden sich ändern.

Die Verschiebung der Artenareale hat tiefgreifenden Einfluss auf die Artenanzahl und Artenzusammensetzung in Lebensgemeinschaften und Biotopen. Langfristig werden sich die Zusammensetzungen bestehender Lebensgemeinschaften verändern, neue Lebensgemeinschaften können sich bilden. Unter den Biotopen sind azonale Biotope auf Sonderstandorten besonders betroffen. Dies betrifft insbesondere Feuchtgebiete, aber auch montane Stauden-, Fels- und Steinfluren.
Regional ist der Alpenraum mit seiner Vielzahl endemischer Pflanzen und Tiere, vielen azonalen Biotopen und klimatischen Sonderstandorten besonders betroffen.

Anpassungsmaßnahmen sollten vor allem darauf abzielen, das natürliche Anpassungspotenzial zu schützen und weiterzuentwickeln. Dazu gehören Maßnahmen zur Ermöglichung von Wanderungsbewegungen (z.B. Biotopvernetzung) und flexible Schutzkonzepte. Besonderen Schutz benötigen zudem die Feuchtgebiete (z.B. durch geänderte Wasserbewirtschaftung).

Im Zuge der europäischen Koordinierung von Schutzmaßnahmen (z.B. NATURA 2000) und anderen nationalen Maßnahmen wurden bereits viele der oben genannten Anpassungsmaßnahmen eingeführt und sind z.T. schon umgesetzt. Allerdings wird in den wenigsten Fällen direkter Bezug auf den Klimawandel genommen. In Zukunft sollte deshalb dem Monitoring der Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität und der Berücksichtigung der durch den Klimawandel ausgelösten Veränderungen im Naturschutz mehr Bedeutung zukommen.

Andere Faktoren, die den Bereich Biodiversität und Naturschutz aktuell und Zukunft negativ beeinflussen, sind die Auswirkungen von Landnutzungsänderungen, wie z.B. Habitatstörung, -zerschneidung und -zerstörung durch Siedlung, Verkehr, Land- und Forstwirtschaft sowie Verdrängungsprozesse einheimischer Arten durch invasive Arten, die z.T. von dem Klimawandel profitieren.

Eine Einschätzung der Vulnerabilität der Bereiche Biodiversität und Naturschutz ist schwierig, da sie im hohen Maße von Zielen des Schutzes der Biodiversität abhängt. Wenn man den Erhalt der Arten und der Artenvielfalt auf heutigem Niveau als Maßstab ansetzt, ist die Vulnerabilität mit und ohne weitere Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel als "hoch" einzustufen. Selbst wenn man bereit ist, eine Veränderung der Artenzusammensetzung zu akzeptieren, ist die Vulnerabilität ohne weitere Maßnahmen immer noch als "mäßig" bis "hoch" einzustufen, denn die mit dem anthropogenen Klimawandel verbundenen Prozesse übersteigen aller Wahrscheinlichkeit nach das Anpassungspotenzial vieler biologischer Systeme und gefährden somit generell die Vielfalt und Stabilität von Arten, Lebensgemeinschaften und Ökosystemen. Sofern die genannten Anpassungsoptionen im Naturschutzmanagement genutzt werden - Maßnahmen, die in jedem Fall besonderer staatlicher und gesellschaftlicher Unterstützung bedürfen - sollte eine Reduktion auf eine "mäßige" Vulnerabilität möglich sein.

Mögliche Strategien zur Anpassung

"Die Natur reagiert dynamisch auf Veränderungen der Rahmenbedingungen. Maßnahmen des Menschen zum Schutz und Erhalt der Biodiversität unter sich ändernden Klimabedingungen sind vor allem dann erfolgversprechend, wenn sie diese Dynamik ermöglichen bzw. unterstützen. Von besonderer Bedeutung ist der Erhalt und die Verbesserung der Wanderungsmöglichkeiten von Arten. Dazu gehören Maßnahmen der Biotopvernetzung auf der lokalen, regionalen, nationalen und transnationalen Ebene. Diese Aufgabe ist auch in der Neufassung des Bundesnaturschutzgesetztes verankert, in der festgelegt wird, dass die Länder mindestens 10% ihrer Landesfläche für einen Biotopverbund zur Verfügung stellen sollen (BNatSchG § 3).

" Die Schutzkonzepte des konservierenden Naturschutzes, der überwiegend auf kleinflächige Schutzgebiete konzentriert ist, sind zu überdenken. In Folge des Klimawandels ist in vielen Regionen Europas mit einer Migration der Zielarten aus den Schutzgebieten zu rechnen (Araújo et al., 2004). Hier könnten flexible Schutzgebietsgrenzen, die mit dem Vorkommen einer Zielart wandern, eine Lösung darstellen. Besondere Bemühungen sollten solche Arten erfahren, deren potentielle, zukünftige Lebensräume bei einer aufgrund des Klimawandels zu befürchtenden Verschiebung von Arealgrenzen nach Norden und in größere Höhe keine Überlappung mit heutigen Verbreitungsgebieten aufweisen. Gleichermaßen müssen Arten, deren Migrationsmöglichkeiten beschränkt sind, z.B. aufgrund natürlicher Barrieren (Alpen, Nord- und Ostsee) geschützt werden. Hier sind gezielte Einführungsmaßnahmen denkbar.

" Speziell für die vom Klimawandel besonders bedrohten Feuchtgebiete (s.o.) bieten sich Wasserhaushaltskonzepte zum Erhalt oder zur Wiederherstellung der natürlichen Vernässung an. Dazu gehören Wiedervernässungsmaßnahmen oder an die Belange des Naturschutzes angepasste Staukonzepte.

" Insgesamt sollten bestehende Naturschutzkonzepte um Konzepte, die auf einen Prozessschutz natürlicher Systeme abzielen, ergänzt werden. In der stark von der menschlichen Lebens- und Wirtschaftsweise geprägten europäischen Kulturlandschaft können sich die für natürliche Ökosysteme charakteristischen dynamischen Veränderungen in Raum und Zeit oft nicht mehr oder nur noch eingeschränkt vollziehen. Gerade für die Anpassung an den Klimawandel sind diese Prozesse, zu denen neben der Wanderungsmöglichkeit z.B. auch Sukzessionsprozesse, Naturverjüngung oder Brände gehören, von Bedeutung.

Die hier verwendeten Informationen stammen überwiegend aus einem Forschungsprojekt, welches das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung im Auftrag des Umweltbundesamtes bearbeitet hat:

Klimawandel in Deutschland - Vulnerabilität und Anpassungsstrategien klimasensitiver Systeme
Marc Zebisch; Torsten Grothmann; Dagmar Schröter; Clemens Hasse; Uta Fritsch; Wolfgang Cramer
Climate Change Nr. 10/2005 , Umweltbundesamt.
Download der Studie in Deutsch und Englisch.

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